Strategien und Chancen für den Local Hero Spediteur: Blog-Artikel

Der Local Hero Spediteur – eine aussterbende Spezies?

Regionales Know-How und individueller Service als Überlebensstrategien
Welche Vorteile lokale Speditionen nutzen müssen – und wodurch sie überleben können.

Der Logistik Markt wird zunehmend von globalen Logistik-Service-Anbietern bestimmt, auch die deutschen Branchenriesen werden durch Zukäufe längst zu internationalen Netzwerk-Speditionen. Ihr Angebot lässt sich durch Automatisierung und Standardisierung einfach zusammenstellen, ist transparent nachvollziehbar und preislich für weltweite Kunden attraktiv. Kann der lokale Spediteur diese Entwicklung überleben – und ihr auch zukünftig noch echten Kundenmehrwert entgegensetzen? Durchaus.

Wie die großen Global Logistics Service Provider drohen, den lokalen Spediteur zu verdrängen

Internationale und Großkunden fordern heute häufig ein Key Account Management, das möglichst globalen Zugriff auf die Serviceleistungen haben sollte. Gleichzeitig steigern einheitliche Transportmanagement Systeme, automatisierte One File Systems, die Effizienz der Netzwerk-Speditionen. Im Ergebnis können sich Kunden Angebote mit wenig Aufwand und schnell selbst zusammenstellen, ganze Dienstleistungen einfach standardisiert buchen und sich jederzeit per Tracking über den Status informieren. So sparen die großen Netzwerk-Speditionen zum Einen erheblichen administrativen Aufwand und können die Ersparnis preislich an den Kunden weitergeben. Zum Anderen locken sie diverse weltweite Zielgruppen mit vermeintlichem Full-Service bei angeblich höchster Transparenz.

Darüber hinaus können die Global Logistics Service Provider Kunden oftmals weit längere Zahlungsziele bieten, als mittelständische Speditionen dazu in der Lage wären.

Können vergleichsweise kleine lokale Speditionen mit ihren größtenteils analogen Services, nichtstandardisierten Leistungen und preislich auf den ersten Blick weniger attraktiven Angeboten da noch mithalten? Oder ist der lokale Spediteur eine vom Aussterben bedrohte Spezies? Darüber entscheiden im Kern zwei Faktoren: Erstens sein umfangreiches Vor-Ort-Know-How als entscheidendes Argument für ihn als Fach-Dienstleister. Und zweitens, wie sehr er bereit und fähig ist, diese Dienstleistung inklusive einer idealen Kundenbetreuung seinerseits nicht ebenfalls zu standardisieren – sondern im Gegenteil individuell und bedürfnisrelevant weiter zu personalisieren.

Tiefes Vor-Ort-Know-How ist und bleibt starker Vorteil

Gerade durch ihren regionalen Fokus verfügen lokale Spediteure über Kenntnisse, Erfahrungen und Kompetenzen, die sie nach wie vor zu wertvollen Logistik-Partnern der nationalen sowie auch internationalen Wirtschaft machen. Dazu gehört ihr langjähriger Zugang zu regionalen Märkten und deren Anbietern – und ein erprobtes Know-How im lokal optimalen Lieferketten-Handling:

Ein verlässliches Netz von Frachtführern: Der lokale Spediteur muss nötige Transport-Dienstleister nicht anonym nach dem vermeintlich besten Preis-Leistungsverhältnis wählen. Stattdessen kann er innerhalb seines Erfahrungsnetzes auf wertvolle Wissen über tatsächliche Kapazitäten, Qualitäten und Kompetenzen zurückgreifen. Dies ist ein wesentlicher Garant, jederzeit verlässlich Transporte disponieren zu können – besonders am eiligen Spot-Markt.

Wissen um die regionalen Logistik-Netzwerke: Durch ihre jahrelange Präsenz, langfristigen Partnerschaften und nicht zuletzt ihre aktive Rolle in etablierten Organisationen und Kooperationen haben lokale Spediteure tiefe persönliche Einblicke in regionale Logistik-Netzwerke. Weil sie selbst Teil dieser Netzwerke sind und diese in oftmals jahrzehntelanger Arbeit mit aufgebaut haben, können Sie persönlich auf Kapazitäten und Kompetenzen zurückgreifen.

Spezialisierung auf bestimmte Warentransporte: Oftmals haben sich lokale Spediteure zudem auf den Transport spezieller Warengruppen spezialisiert. Ihr tiefgreifendes Know-How bezüglich der idealen Lieferketten und Transportmittel macht sie für die entsprechenden Märkte und deren Akteure zu vertrauenswürdigen Fachexperten.

Tiefe Kenntnis lokal bedingter Auslastung: Die Berücksichtigung bekannter internationaler und auch nationaler Lastspitzen bietet heute natürlich jeder noch so standardisierte Speditionsdienstleister. Doch automatisierte Anfrageprozesse und lediglich in Standardabläufen geschulte Service-Mitarbeiter verfügen kaum über das Wissen um noch so kleine regionalspezifische Auslastungsabweichungen und ortsabhängige Engpässe. Der vor Ort erfahrene Spediteur jedoch vermag, genau diese Kenntnis in verlässliche Dispositionsberechnungen einzubringen.

Persönliches Verständnis der Kundenanforderungen: Seinen regionalen und Stammkunden kann der lokale Spediteur darüber hinaus mit einem persönlichen und tiefen Einblick in individuelle Anforderungen und spezifische Bedürfnisse begegnen. Häufig wächst dieses wertvolle Verständnis durch die stetige Begleitung auch in Zeiten unternehmerischen Wandels zudem kontinuierlich weiter – statt sich in einmaliger Dienstleistungserfahrung zu erschöpfen.

Zukunftspotenzial zugespitztes Angebot: individueller Service und maßgeschneiderte Dienstleistung

Diesen vielseitigen Know-How- und Erfahrungsvorteil kann und muss der lokale Spediteur nutzen, um den großen Netzwerkspeditionen eben nicht in automatisierten Prozessen und Standardangeboten nachzueifern. Es ist höchste Zeit, simple Preissenkungen und undifferenzierte Paketangebote loszulassen – und stattdessen mit ganzer Kraft auf flexibles (Re)Aktionsvermögen, maßgeschneiderte Angebote und individuellen Service zu fokussieren! Die Überlebensstrategie und Zukunftsfähigkeit lokaler Speditionen sollte „zugespitztes Angebot“ heißen. Denn genau da liegt der eigene Vorsprung.

Standard-Dienstleistungen, wie sie die Global Logistics Service Provider hauptsächlich bieten, bedeuten immer auch: möglichst wenig Fragen zulassen und mit möglichst wenig Kundenkontakt arbeiten. Dem muss der lokale Spediteur mehr denn je greifbaren Mehrwert für den Kunden entgegensetzen. Und dieser Mehrwert ist eben die Fähigkeit, ihn persönlich und individuell beraten sowie umfassend betreuen zu können und die eigenen lokale Expertise für die flexible, anpassungsfähige Angebotserstellung und Auftragserfüllung zu nutzen. Das setzt selbstverständlich erhöhten sachverständigen und individuellen Kundenkontakt voraus, am besten rund um die Uhr. Doch im (ein) Ausbau der Betreuungsleistung sichert nicht nur die Zukunftsfähigkeit an sich – sondern langfristig auch ein höheres Ertragspotenzial: Denn Standarddienstleistungen erzielen immer geringere Margen. Der lokale Spediteur muss stattdessen Differenzierung zur Devise machen und in der Lage sein, Angebot und Dienstleistung flexibel und bedürfnisrelevant anzupassen. Dann wird er durch das erfolgreiche Lösen individueller Kundenanforderungen und optimal angepasste Lieferketten in Abgrenzung zu Standardangeboten und Einheitsstrategien auch höhere Margen machen können. Und dieser Mehrwert wird Kunden auch zukünftig mehr wert sein!

Die Doppelleistung also, weder das eigene Dienstleistungs- und Serviceangebot noch die zu erzielende Marge von den großen Netzwerkspeditionen bestimmen zu lassen, wird das Überleben des lokalen Spediteurs sichern. Mehr noch: Sie ist sein vielversprechendes Potenzial, vom Kunden ganz bewusst neben den globalen Logistik-Playern und auch noch an ihnen vorbei gewählt zu werden.

Zum Autor Martin Sieg

Auf seinem langjährigen Karriereweg bei Logistik Unternehmen wie u.a. Hapag LLoyd, Bolloré Logistics und Rhenus Logistics sowie als freier Experte für Mergers & Acquisitions und langjähriger Partner der WCL- WORLDWIDE CONSULTANTS IN LOGISTICS GMBH hat Martin Sieg vielfältige Erfahrungen und fundierte Sachkenntnis gesammelt: zum Logistik Markt generell und zu den Anforderungen des Branchenmittelstands im Besonderen. Als Blog-Autor ist er nicht nur Beobachter und Ratgeber, sondern vor allem offener Dialog- und Ansprechpartner für mittelständischer Unternehmer. So freut sich Martin Sieg jederzeit über persönlichen Austausch und Ihre Fragen.
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