Logistik Mittelstand vs. Flexport & Co. – Expertentipps zu Chancen

Wie der Logistik Mittelstand vom Vormarsch von Flexport & Co. profitieren kann

Lösungen Abgucken und dabei den eigenen Vorsprung im Blick behalten

Die neuen digitalen Überflieger Flexport & Co. drängen mit Milliarden an Kapital weiter auf den Logistik Markt. Während in traditionellen Speditionen noch echte Disponenten oft tagelang per Telefon, Fax und Tabellen die Ressourcen, Routen und Preise kalkulieren, bieten die Business-4.0-Könner längst voll digitalisierte Dienstleistungen und Angebote: zum selber Zusammenstellen der Transporte und mit Tracking in Echt-Zeit. Kann der klassische logistische Mittelstand da in Sachen Mehrwert für den Kunden noch mithalten, geschweige denn von den neuen Entwicklungen profitieren? Ja, er kann!

Flexport & Co. auf Mission „Disruption des Logistik Markts“

Gerade erst hat die digitale Container Spedition Flexport vom Softbank Vision Fund eine Milliarde US-Dollar an Kapital erhalten. Das Unternehmen aus dem Silicon Valley wird sie in die technologische Aufstockung und natürlich in den Aufbau weiterer internationaler Logistik Infrastrukturen investieren. Das deutsche Startup Freighthub konnte aktuell ebenfalls ein sattes Investment von rund 27 Millionen Euro generieren – und auch eingesessene Branchenriesen stecken längst Millionen in die digitale Transformation ihrer Logistik Leistungen. Das Ergebnis: Ein Logistik Markt, in dem sich Kunden in kürzester Zeit Angebote selbst zusammenstellen, diverse Dienstleistungen buchen sowie den Standort ihrer Fracht jederzeit via Echtzeit-Tracking nachvollziehen können. Die Mission „Disruption des Logistik Markts“ scheint also vollends gelungen.

Kann der traditionelle logistische Mittelstand mit seinen klassischen Angeboten und Dienstleistungen da noch mithalten? Ja. Die Lösung antizipiert ausgerechnet Flexport selbst, in dem es auf der Firmenwebsite heißt:

„Spediteure sind nicht gerade für ihren Kundenservice bekannt. Viele Repräsentanten über alle Schritte und Standorte hinweg. Endlose Telefongespräche und E-Mail-Verläufe. Massiver Zeit- und Produktivitätsverlust. Das ist leider die Norm, was zu einer miserablen Kundenzufriedenheit führt.“

Harte Worte – doch steht dort auch deutlich, was für Spediteure eben anders zu machen wäre: Abläufe effizienter und schneller gestalten, Zeit und Produktivität einsparen.

Schritt 1: Von der fortschreitenden Digitalisierung profitieren

Ist Digitalisierung nun das Heil für alle und jeden? Zum Teil…Denn Disruption – am ehesten zu übersetzen mit „Störung (hergebrachter Systeme)“ – muss nicht gänzliche Zerstörung  bedeuten – der mittelständische Spediteur kann auch mit einer Verstörung davonkommen: erst einmal verstört von all den neuen Entwicklungen und dadurch selbst zum Neudenken gezwungen. Immerhin haben die digitalen Vorreiter ihm die Last, selbst Innovationen zu schaffen, ja bereits abgenommen – von der Etablierung und Kundenakzeptanz digitaler Neuwege kann er jetzt „einfach“ mitprofitieren. Zumal moderne IT schon zu günstigen Konditionen erhältlich ist: Zum Beispiel ist die Miete Cloud-basierter Lösungen zu attraktiven und flexiblen Preisen für mittelständische Unternehmen möglich. Mit Mut und Willen zu Neuem ließe sich vieles optimieren: Die Automatisierung von manuellen Prozessen ermöglicht effizienteres Wirtschaften, die Vermeidung von Zeit- und Arbeitsverschwendung und reduziert Komplexität,  Administrationsaufwand – und nicht zuletzt Fehler auf Kosten des Kunden. Den kann man stattdessen in seinen Anforderungen durch mehr Vernetzung und Integration in die IT-Systeme bis hin zum mobilen Datenzugang effektiver unterstützen.

Doch: In der lediglichen Nachahmung digitaler Kompetenzen der neuen Tech-Spediteure ist deren Vorsprung kaum aufzuholen. Es gilt viel mehr, zu vergegenwärtigen, wo der eigene Vorsprung liegt: nämlich im langjährigen persönlichen Verständnis des Kunden und seinen ganz individuellen Bedürfnissen. Das kann bislang kein noch so schlauer Algorithmus.

Wesentlicher 2. Schritt:  Gesparte Zeit und Arbeitsaufwand wieder in den Kunden investieren!

Denn komplett digitale Anbindung, wie Flexport & Co. sie bieten, heißt neben möglichst regelmäßige Geschäften eben auch: möglichst wenig Fragen und möglichst geringen Kundenkontakt. Und genau durch diesen Trend zum digitalisierten und damit anonymen Kundenkontakt kann der Mittelstand punkten! Die Kunst ist es, höhere Effizienz nicht aus Kostensenkungen durch reduzierten Kundenkontakt zu ziehen, sondern im Gegenteil aus erhöhtem Kundenkontakt mehr Marge zu machen. Der klassische Spediteur muss seinen Kunden zwar einerseits einen digitalen Zugang zu Informationen bieten – ihn aber anderseits persönlich beraten können. Wenn der mittelständische Logistik Dienstleister es versäumt, seinen Mehrwert dem Kunden auch bei digitaler Anbindung zu verkaufen, wird er wohl tatsächlich disruptiert im Sinne von zerstört. Und dieser Mehrwert ist eben: Tiefes Know-How des Lieferkettenhandlings, langjähriger Zugang zu internationalen Märkten und deren Anbietern – und besonders: die Fähigkeit, individuelle Kundenprobleme mit erprobtem und flexiblem Sachverstand statt digitalen Einheitsstrategien lösen zu können! Anstatt also die von Flexport propagierte „miserable Kundenzufriedenheit“ zu riskieren, gibt es entscheidende Handlungsoptionen:

Den Kunden mitnehmen auf die digitale Reise

Der logistische Mittelstand muss in der Lage und willens sein, dem Kunden zu erklären, wo ihm eine digitale Anbindung nutzt – und wo er weiterhin von persönlicher Betreuung profitieren wird.

Persönlichen Kontakt pushen

Ob Anruf, E-Mail oder Chat: Der persönliche und versierte Ansprechpartner mit menschlichem Sachverstand ist ein Kundenmehrwert, den mittelständische Spediteure digitalen Anbietern klar voraus haben. In einer global vernetzten Welt muss dieser Vorteil am besten 24/7, also täglich rund um die Uhr, für den Kunden nutzbar sein.

Maßgeschneiderte Lösungen bieten

Lokale Spediteure können mit ihrem spezifischen Know-How wie besondere Landeskenntnisse und tiefem Einblick in die Anforderungen von mittelständischen, lokalen und Stammkunden echte maßgeschneiderte Kundenlösungen bieten. Und müssen es, um den digitalen Anbietern den entscheidenden Schritt voraus zu bleiben.

Die richtigen Zielgruppen finden

Intelligentes Kundentargeting wird immer wichtiger. Das Motto lautet: „Finde den Kunden der zu dir passt“. Statt als mittelständischer Spediteur zu nehmen, was man (noch) kriegen kann, sollte gezielt nach Kunden gesucht werden, deren Anforderungen perfekt zum eigenen Angebot passen.

Kundenbindung durch Transparenz

Eine transparentere Preisgestaltung und eine vorausschauende Marktbewertung schafft eine hohe Anbindung. Verlässlichkeit wird sich anders als mancher Trend niemals überdauern – und für Kunden bei der Wahl ihres Spediteurs immer entscheidend bleiben.

Fazit: So kann der logistische Mittelstand vom Vormarsch der digitalen Speditionen profitieren, in dem er sich: 1. von den Großen Digitalisierern Technik abschaut, die operativ Zeit, Manpower und Aufwand spart – und 2. die Ersparnis wieder in echten Mehrwert für den Kunden investiert. Das heißt, viele Fragen zulassen, immer ansprechbar sein, auch komplizierte Probleme lösen, 100% Dienstleistung bieten, ohne dem Kunden das Gefühl zu geben, er verursacht Kosten. Denn das kann so bisher keine noch so schlaue digitale Lösung.

Zum Autor Martin Sieg

Auf seinem langjährigen Karriereweg bei Logistik Unternehmen wie u.a. Hapag LLoyd, Bolloré Logistics und Rhenus Logistics sowie als freier Experte für Mergers & Acquisitions und langjähriger Partner der WCL- WORLDWIDE CONSULTANTS IN LOGISTICS GMBH hat Martin Sieg vielfältige Erfahrungen und fundierte Sachkenntnis gesammelt: zum Logistik Markt generell und zu den Anforderungen des Branchenmittelstands im Besonderen. Als Blog-Autor ist er nicht nur Beobachter und Ratgeber, sondern vor allem offener Dialog- und Ansprechpartner für mittelständischer Unternehmer. So freut sich Martin Sieg jederzeit über persönlichen Austausch und Ihre Fragen.
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